"Programm" zu

"Der Mann in allen Farben"

Märchen aus der Gascogne

         Gesammelt von Jean Francois Bladé

Märchen und Sagen sind heute Bruchstücke einer großen Volksliteratur, die einstmals eine geschlossene Weltanschauung darstellte. Die zahlreichen Zeugnisse in den großen Märchensammlungen können auch heute noch eine verständliche Sprache sprechen.

Ihrem Wesen nach sind Märchen inhaltlich außerhalb von Raum und Zeit zu denken, sie stellen innerlich seelisch-geistige Entwicklungen dar. Märchen sind Bilder aus dem Teppich des Lebens: Was außen ist, ist zugleich innen. Was oben ist, ist auch unten. Die Frage nach der Herkunft, der Entstehung und Wirkung des Bösen im Leben des Menschen und der Welt, beschäftigt jedes Märchen. Denn die Bilder der Märchen führen in diesem Punkt stets zum gleichen Ziel: Es wird gezeigt, dass das Böse notwendig ist, damit das Gute geschehe und zur Geltung komme. Das Gute triumphiert, und das Böse fällt in den Abgrund. Der Katharismus geht noch einen Schritt weiter und zeigt, dass das Böse einer Erlösung fähig ist, oder für eine spätere Entwicklung zurückbleibt.

Aus unseren "Märchen der Gascogne" weht der Geist des Katharertums, jenes tiefgründigen Christentums der alten Zeit. Die großen geistigen Kämpfe der europäischen Geistesgeschichte, die unter dem Namen Katharismus oder Albigensertum bekannt sind, haben sich im 12. und 13. Jahrhundert in Südfrankreich abgespielt.

Die Katharer sind eine den Manichäern verwandte asketische, christliche Gemeinschaft, die sich am Anfang des 12. Jahrhunderts in Europa  ausbreitete. Durch Verfolgung und Inquisition wurde die Katharerbewegung im 13. Jahrhundert vollständig vernichtet. Im Geist der Märchen leben sie bis heute weiter.

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